Meine erste Unterzuckerung – ein Schockmoment, den ich nie vergesse

Ein persönlicher Erfahrungsbericht auf meinem Weg mit Typ-1-Diabetes

Ich erinnere mich noch genau an diesen Moment. Ich hatte meine Typ-1-Diabetes-Diagnose erst seit ein paar Wochen. Alles war neu. Die Pen-Nadel, die Blutzuckermessungen, das Rechnen von Broteinheiten – mein Kopf war voll, mein Herz oft schwer. Ich hatte das Gefühl, plötzlich in einer anderen Welt zu leben. Einer, in der Zucker nicht nur süß ist, sondern auch gefährlich – zu viel, zu wenig – beides konnte mir schaden.

Dann kam sie: meine erste Hypoglykämie.

Ich war allein zu Hause. Es war früher Nachmittag. Ich hatte gegessen, gespritzt – wie ich es gelernt hatte. Doch dann passierte etwas, das ich nicht erwartet hatte: Ich bekam plötzlich weiche Knie. Mein Herz schlug schneller, mein Körper fühlte sich zittrig und fremd an. Ich schwitzte, obwohl mir gleichzeitig eiskalt war. In meinem Kopf wurde alles neblig, die Gedanken flatterten wie ein Schwarm aufgescheuchter Vögel.

Ich hatte Angst.
Ich wusste zwar theoretisch, was eine Unterzuckerung ist – mein Diabetesteam hatte mich aufgeklärt. Aber das wirklich zu fühlen, ist etwas ganz anderes. Ich konnte kaum noch klar denken. Mein Bauch sagte: „Irgendetwas stimmt gar nicht.“ Mein Kopf schrie: „Was, wenn du ohnmächtig wirst?“

Ich war völlig überfordert.

Aber dann kam der rettende Gedanke: „Hypo! Ich brauche Zucker – jetzt.“
Ich stolperte zum Küchenschrank und fand den Traubenzucker welchen ich dort aufbewahre. Ich kaute, fast panisch. Dann setzte ich mich auf den Boden und wartete. Nach ein paar Minuten merkte ich, wie mein Kopf klarer wurde. Die Zittrigkeit ließ nach. Ich atmete tief durch. Ich war noch ganz aufgewühlt – aber ich war okay.

Physiologisch gesehen war mein Blutzucker zu tief – das heißt, mein Gehirn bekam zu wenig Glukose. Deshalb das Schwitzen, das Zittern, die Verwirrung. Mein Körper hat Alarm geschlagen – völlig zurecht.

Psychologisch war es vor allem eines: beängstigend.
Ich hatte zum ersten Mal gespürt, wie verletzlich ich jetzt bin. Dass mein Körper plötzlich anders tickt. Dass ich aufmerksam sein muss, vorbereitet. Es war ein kleiner Schock – ehrlich gesagt.

Aber: Ich habe überlebt. Ich habe gelernt. Und ich weiß jetzt, wie sich eine Hypo anfühlt. Ich habe seitdem immer etwas Zucker bei mir. Ich kenne meine Warnzeichen. Und ich habe verstanden: Das gehört jetzt zu meinem Leben – aber ich bin nicht machtlos.

Mit der Zeit wird man sicherer.
Ich will dir Mut machen, falls du auch gerade frisch diagnostiziert wurdest. Eine Hypo ist erschreckend – ja. Aber du wirst lernen, damit umzugehen. Du wirst deine Signale erkennen. Du wirst wissen, was zu tun ist. Und du wirst merken: Du bist stärker, als du denkst.

Bleib dran. Hol dir Hilfe, wenn du sie brauchst. Und gib dir Zeit.
Wir lernen Schritt für Schritt, mit unserem Diabetes zu leben – nicht perfekt, aber mutig.

Wie erkenne ich frühere Warnzeichen einer Hypoglykämie?

Das Erkennen früher Warnzeichen einer Hypoglykämie (Unterzuckerung) ist sehr wichtig – und ja, es ist etwas, das man lernen kann. Am Anfang ist das vielleicht noch schwer zuzuordnen, weil sich vieles neu und ungewohnt anfühlt. Aber mit der Zeit entwickelst du ein feines Gespür für deinen Körper. Hier zeige ich dir typische frühe Anzeichen – also Signale, die dir dein Körper sendet, bevor es richtig kritisch wird:


Frühe Warnzeichen einer Hypoglykämie – was du spüren kannst

Körperlich:

  • Zittern oder Frösteln – dein Körper schüttet Stresshormone wie Adrenalin aus
  • Schwitzen – besonders an Stirn, Rücken oder Händen, ohne dass dir heiß ist
  • Herzklopfen oder schneller Puls – fühlt sich an wie Nervosität oder Aufregung
  • Hunger – plötzlich und sehr stark, oft Heißhunger auf etwas Süßes
  • Blässe – manchmal siehst du auch im Spiegel, dass du farbloser bist

Mental / Psychisch:

  • Konzentrationsprobleme – du findest schwer die richtigen Worte oder kannst dich nicht gut fokussieren
  • Reizbarkeit oder Stimmungsschwankungen – manche werden plötzlich traurig, wütend oder nervös
  • Unruhe, Nervosität oder Angstgefühl – ohne klaren Grund
  • Kopfschmerzen oder Schwindel – wie ein leichter „Nebel“ im Kopf

Warum es wichtig ist, die frühen Signale zu kennen:

Je eher du eine Hypo bemerkst, desto schneller kannst du gegensteuern – zum Beispiel mit 15–20 Gramm schnell wirkenden Kohlenhydraten, wie:

  • 3–4 Traubenzuckerplättchen
  • 1 kleines Glas Saft
  • 1 Cola (nicht light!)

Mein Tipp: „Hypo-Tagebuch“ führen

Gerade am Anfang hilft es, wenn du dir aufschreibst:

  • Wann war die Hypo?
  • Wie hat sie sich angefühlt?
  • Was war der Auslöser? (z. B. zu wenig gegessen, zu viel gespritzt, Bewegung)

So erkennst du Muster – und dein Körpergefühl wird immer besser.


Wichtig:

Mit der Zeit kann es passieren, dass die frühen Warnzeichen schwächer werden – das nennt man Hypo-Wahrnehmungsstörung. Deshalb ist es sinnvoll, regelmäßig den Blutzucker oder CGM-Werte zu checken, besonders bei neuen Situationen (Sport, Stress, Alkohol etc.).


Fazit:

Die frühen Warnzeichen sind wie ein Flüstern deines Körpers: „Hey, du musst dich kurz um mich kümmern.“
Wenn du lernst, dieses Flüstern zu hören, kannst du Hypoglykämien viel entspannter meistern – bevor sie heftig werden.


Hierzu auch der Beitrag: Mein Leben mit Typ-1-Diabetes: Wenn der Körper plötzlich andere Wege geht

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