Ein Blogartikel von jemandem, der gelernt hat, mit und an Diabetes zu wachsen
Ich gebe zu … der Titel hört sich nach Clickbait und Provokation an.
Wie kann denn bitte eine chronische Erkrankung gute Seiten haben? Ist der Irre? Das ist doch widersinnig!
Aber gib mir einen Moment … ich erkläre dir gerne meine Sichtweise darauf.
Als ich die Diagnose bekam, war ich zuerst geschockt. Ich hatte viele Fragen und Sorgen. Was darf ich noch essen? Was passiert mit meinem Körper? Muss ich jetzt mein ganzes Leben ändern?
Die ehrliche Antwort ist: Ja, ich musste vieles ändern. Aber heute – ca. zwei Jahre später – bin ich froh darüber. Denn ich habe durch meine Erkrankung auch sehr viel gewonnen. Dinge, die ich früher nicht so gesehen habe. Ich möchte sie hier mit dir teilen. Vielleicht erkennst du dich darin wieder. Oder du schöpfst daraus Hoffnung.
Ich habe gelernt, gut für mich zu sorgen
Früher bin ich oft durch den Tag gerannt. Ich habe gegessen, was gerade da war. Ich habe mich wenig bewegt und auf meinen Körper kaum gehört.
Mit Diabetes geht das nicht mehr. Ich muss heute genauer hinsehen:
– Wie fühle ich mich?
– Bin ich müde oder energievoll?
– Habe ich gerade eher Lust auf Bewegung oder brauche ich eine Pause?
Das klingt vielleicht anstrengend – aber es hat mich achtsamer gemacht. Ich kann heute besser für mich selbst sorgen. Ich esse bewusster, ich trinke mehr Wasser, ich gönne mir Pausen, wenn ich sie brauche. Das tut nicht nur meinem Körper gut, sondern auch meinem Kopf.
Ein kleines Beispiel:
Früher habe ich oft zu schnell gegessen – meist nebenbei. Heute nehme ich mir Zeit zum Essen. Ich schmecke wieder richtig. Ich genieße. Und ich merke: Das macht mich zufriedener.
Ich habe echte Stärke in mir entdeckt
Manchmal sagen Leute zu mir: „Ich könnte das nicht, jeden Tag so aufpassen.“ Dann lächle ich. Denn das dachte ich früher auch. Und trotzdem: Ich mache es – Tag für Tag.
Ich muss Entscheidungen treffen, ständig aufmerksam sein, manchmal auch mitten in der Nacht. Das kostet Kraft. Aber es zeigt mir auch, wie stark ich bin.
Ein Beispiel:
Neulich war ich in den Alpen wandern. Habe ich auch schon vor meiner Diagnose getan, aber mittlerweile tue ich das etwas anders, um nicht zu sagen, bewusster.
Als die Diagnose noch frisch war, hätte ich mich kaum getraut, so einen Ausflug zu machen – aus Angst, dass etwas schiefgeht. Heute bereite ich mich gut vor: Ich packe Traubenzucker ein, checke meine Werte vorher, plane kleine Pausen. Und dann? Dann genieße ich den Tag, die Natur, das Lachen – und bin am Ende richtig stolz auf mich.
Ich bin nicht allein – und das tut gut
Als ich die Diagnose bekam, fühlte ich mich zuerst allein. Aber dann habe ich gemerkt: Es gibt viele Menschen mit Diabetes. Und viele von ihnen sprechen offen darüber. Ich habe Online-Gruppen gefunden, Blogs gelesen, bei Veranstaltungen mitgemacht.
Dort habe ich Menschen kennengelernt, die mich verstehen – ohne dass ich viel erklären muss. Wir tauschen Tipps aus. Und manchmal lachen wir einfach zusammen über Dinge, die nur wir kennen – wie das Piepen der Geräte im falschen Moment oder das ewige Rechnen vor dem Essen.
Einmal hat mir jemand gesagt: „Wir sind wie eine geheime Gemeinschaft – wir wissen, wie man stark bleibt, auch wenn’s schwer wird.“ Das hat mich sehr berührt.
Ich habe gelernt, den Moment zu schätzen
Mit Diabetes lernt man, im Hier und Jetzt zu leben. Ich denke zwar voraus – z. B. beim Essen oder bei Ausflügen – aber ich habe auch gelernt, die kleinen Dinge mehr zu genießen.
Ein warmer Sonnenstrahl. Die gute Tasse Kaffee. Der ruhige Abend ohne Zwischenfälle.
Früher habe ich vieles als selbstverständlich genommen. Heute feiere ich kleine Erfolge:
– „Heute lief der Tag richtig rund.“
– „Ich habe auf mein Bauchgefühl gehört – und es war genau richtig.“
– „Ich war mutig und habe etwas Neues ausprobiert.“
Mein Fazit: Mein Leben ist anders – aber nicht schlechter
Ich hätte mir mein Leben anders vorgestellt, das stimmt. Aber ich bin auch gewachsen – innerlich. Ich bin bewusster, achtsamer, stärker geworden.
Natürlich gibt es auch schwere Tage. Aber ich habe gelernt, mich nicht unterkriegen zu lassen. Ich nehme Hilfe an, ich bleibe neugierig, ich feiere meine Fortschritte.
Und das Schönste: Ich habe ein neues Vertrauen in mich selbst gefunden. Ich weiß, dass ich mein Leben gestalten kann – auf meine eigene, besondere Weise.
Vielleicht hast du auch Diabetes. Oder jemand in deiner Familie. Dann möchte ich dir sagen: Du bist nicht allein. Er oder Sie ist nicht allein. Und man ist stärker, als man denkt.
Die Diagnose ist nicht das Ende von allem, auch wenn es sich anfänglich so anfühlen mag. Es kann auch der Anfang von etwas gutem neuen sein, man muss sich allerdings darauf einlassen und gestalten wollen.
Darum dieser reißerische Titel … denn Ja, Diabetes hat (zumindest meiner Meinung nach) auch gute Seiten.
Wenn du magst, erzähl mir gerne in den Kommentaren: Was hast du durch Diabetes gelernt? Was hat dich überrascht, gestärkt, vielleicht sogar froh gemacht?
Ich freue mich auf den Austausch.